Global Civil Society? Zur Funktion globaler und lokaler Elitennetzwerke


1. ZIELSETZUNG DER ARBEIT

Die Dissertation soll einen Beitrag zur Diskussion um das Thema “globale Zivilgesellschaft” leisten. Es werden die Entwicklungsmöglichkeiten der globalen Zivilgesellschaft diskutiert und die Frage erörtert, ob die globalen und lokalen Elitennetzwerke eine besondere Rolle spielen können.

1.1. STAND DER FORSCHUNG 

Der Begriff Zivilgesellschaft erlebte während der Systemtransformation der sozialistischen Länder in den 1980er Jahren eine Renaissance. Durch die Entstehung transnationaler Räume und durch die schnelle Zunahme der Zahl global agierender Nichtregierungsorganisationen (NGO), wurde festgestellt, dass die Zivilgesellschaft grenzüberschreitend funktionieren kann. Eine Zivilgesellschaft kann nicht nur über den Nationalstaat definiert werden, in dessen Abwesenheit kann eine globale Zivilgesellschaft in einem globalen Staat oder anderer Form existieren. Das beweist die Existenz global agierender, internationaler Organisationen (z.B. Weltbank, Internationaler Währungsfonds (IWF), Welthandelsorganisation (WTO), Vereinte Nationen (UNO)). 

Die globale Zivilgesellschaft wird bis heute nicht einheitlich definiert, es gibt nur mehr oder weniger normativ geprägte Definitionen. In der wissenschaftlichen Literatur wird übereinstimmend akzeptiert, dass global verbindliche Leitbilder (Verzicht auf Gewalt, Toleranz, Demokratie, gegenseitige Akzeptanz) für die Existenz der globalen Zivilgesellschaft nötig sind. (Kaldor, 2003, Keane, 2003; Rucht, Van den Dacle, Kocka, 2004) 

In einem beträchtlichen Teil der wissenschaftlichen Literatur wird die Entwicklung der globalen Zivilgesellschaft als ein „bottom up“ Prozess betrachtet. Die wachsende Zahl der NGOs und die sozialen Bewegungen sowie ihre effektiver gewordenen globalen Kampagnen werden als Beweis für die ständige Entwicklung der globalen Zivilgesellschaft gewertet. Dem Einfluss und sogar der aktiven Rolle einzelner Staaten, internationalen Organisationen und transnationalen Konzernen (TNK) im Entstehungsprozess der globalen Zivilgesellschaft wird hingegen kaum Aufmerksamkeit geschenkt. (Wie in den Jahresbüchern der Global Civil Society aufgezeigt wird.) Die globale Zivilgesellschaft wird meistens als Widerstandbewegung gegen die aktuelle Globalisierung betrachtet. (Kreutz, 2003; Florini, 2000) 

Kaldor (2003) ist der Auffassung, dass zwei Hauptversionen der globalen Zivilgesellschaft existieren: die neoliberale und die Aktivistenversionen. Keane (2003) betont, dass der einseitige „bottom up“ Prozess unzureichend als Erklärung der Entwicklung der globalen Zivilgesellschaft herhalten kann. Diese Entwicklung ist überdies recht konfliktbeladen. Keane (2003) hat wichtige Konfliktthemen aufgelistet, darin fehlt aber der immer wichtiger gewordene Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern der beiden Versionen der globalen Zivilgesellschaft.

1.2. RELEVANZ DER ARBEIT

Die Entwicklung der globalen Zivilgesellschaft durch den Konflikt zwischen neoliberalen und “aktivistischen“ Kräften wurde zu wenig erforscht. Dieser Konflikt hat großen Einfluss auf die Entwicklung der globalen Zivilgesellschaft. 

Die entsprechende Version der globalen Zivilgesellschaft ist mit der Art der Globalisierung verknüpft (neoliberale- und alternative Globalisierung). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die die neoliberale Globalisierung befürworten, vertreten eine andere Meinung über der Inhalt der globalen Zivilgesellschaft als die Kritiker. Die Konfliktparteien beeinflussen sich gegenseitig und ändern sich, in Folge dessen ändern sich entsprechend das Globalisierungskonzept, das Global Governance und die globale Zivilgesellschaft. 

Eliten (nicht nur Intellektuelle) spielen in der Theorie- und Strategieformulierung, Diskursbestimmung und bei der Gründung neuer Organisationen eine wichtige Rolle. 

In dieser Arbeit wird die Rolle der globalen und lokalen Elitennetzwerke in der Auseinandersetzung und Gestaltung der Globalisierung sowie bei der Entwicklung entsprechender Formen einer globalen Zivilgesellschaft erforscht. Am Ende der Arbeit wird das aktuelle Entwicklungsniveau der globalen Zivilgesellschaft aufgezeigt.

1.3. HYPOTHESE UND FRAGEFORMULIERUNG 

Eine der wichtigen Voraussetzungen der globalen Zivilgesellschaft ist die Vernetzung und der gegenseitige Einfluss zwischen globalen und regionalen zivilgesellschaftlichen Organisationen. In einer Region beschäftigen sich zivilgesellschaftliche Organisationen nicht nur mit regionalen und nationalen, sondern auch mit globalen Themen. Sie können von global agierenden NGOs und sozialen Bewegungen stark beeinflusst werden. 

Aus diesen Tatsachen ergibt sich eine Schlüsselfrage: Wie wird die Globalisierung aus der zivilgesellschaftlichen Perspektive in der Region erlebt? 

Als Region wähle ich Global City Frankfurt am Main.

2. THEORETISCHE BEMERKUNGEN

2.1. DIE ZIVILGESELLSCHAFT 

Die Zivilgesellschaft wird als „dritter Sektor“ jenseits von Markt und Staat definiert. Freiwilliges Engagement der Bürger, die nicht ihre persönlichen Interessen verfolgen, ist dafür notwendig. Normen wie Gewaltfreiheit, Förderung der Demokratie und Partizipation, Toleranz, Anerkennung des Anderen als gleichwertig, gehören zu den Grundprinzipien der Zivilgesellschaft. 

Eine Zivilgesellschaft ist kein harmonisches Ganzes, sondern bedeutet Konkurrenz, Streit der Interessen, Ideen und Meinungen. Eine Zivilgesellschaft ist vom Staat unabhängig. 

Die klassische Definition der Zivilgesellschaft ist außerhalb Europas und den Vereinigten Staaten nicht anwendbar. In manchen asiatischen Ländern brauchen zivilgesellschaftliche Organisationen, wie NGOs, entweder die Zustimmung des Staates oder Regierungsbeamte besetzen die wichtigsten Positionen in den Organisationen. (Schak, Hudson, 2003) 

Auf die Frage, welche Organisationen als Zivilgesellschaft bezeichnet werden können, gibt es keine allgemeingültige Antwort. Wirtschaftsverbände, die normalerweise nicht in die Kategorie Zivilgesellschaft gehören, sind zivilgesellschaftliche Akteure, wenn sie – wie in manchen asiatischen Ländern – die Demokratie fördern.

Eine Zivilgesellschaft kann als nicht-normatives oder normatives Konzept definiert werden.
Ausgehend von der klassischen (nicht-normative) Definition der Zivilgesellschaft muss man feststellen, dass sie nicht immer die Demokratie fördert, sondern sogar rassistische Tendenzen (wie in der Weimarer Republik) haben kann, ja sie kann sogar die Anwendung von Gewalt (wie in Serbien) unterstützen. Es gibt auch dunkle Seiten der Zivilgesellschaft, sogar das sog. “bad civil society“. (Klein, Kern, Geißel- Berger, 2004) Im Fall der nicht normativen Definition der Zivilgesellschaften muss man von verschieden gearteten Varianten ausgehen. 

Das normative Konzept der Zivilgesellschaft orientiert sich nicht an den zivilgesellschaftlichen Organisationsformen, sondern an deren Funktionen. Nur solche Organisationen, Gruppen und Akteure können als Teil der Zivilgesellschaft betrachtet werden, die bestimmte Normen wie Gewaltfreiheit, religiöse und politische Toleranz, Förderung der demokratischen Partizipation und die gegenseitige Akzeptanz befürworten. 

Eine starke Ausweitung der Grenzen des Konzeptes, ebenso wie seine Entnormativierung, führen zu einem Verlust der Erklärungskraft des Zivilgesellschaftskonzepts. (Merkel, 2000) 

Im Fall der globalen Zivilgesellschaft ist eine nicht normative Definition überhaupt nicht möglich.

2.2. GLOBALE ZIVILGESELLSCHAFT 

Die aktuelle Globalisierung hat wichtige neue Qualitäten wie die Funktionsschwäche des nationalen Staates, Entnationalisierung der internationalen Politik, die Macht der interregierungs- und internationalen Organisationen, die Entstehung des transnationalen Raums und global agierende zivilgesellschaftliche Organisationen, die nicht nur auf die deutlich verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten reduziert werden können.

Die Staaten konnten die grenzüberschreitenden Probleme (wie Umweltschutz, Stabilität der Finanzmärkte, Schutz der Menschenrechte, Regulierung des Welthandels und globalen Dienstleistungen) nicht mehr bewältigen. Ein Teil der Aufgaben der Nationalstaaten wurden von internationalen Institutionen (wie IWF, Welt Bank, WTO) übernommen. Die internationale Politik wurde zum Teil entnationalisiert. 

Internationale Organisationen treiben den transnationalen Aktivismus an. NGOs organisieren sich im transnationalen Raum (in mehreren Ländern und ohne Vermittlung der Staaten) gegen die Politik der internationalen Organisationen. Die globale Zivilgesellschaft (im Entstehungsprozess) ist ein Nebenprodukt der Aktionen der internationalen Organisationen. (Keane, 2003) 

NGOs, transnationale soziale Bewegungen, soziale Foren und advocacy Netzwerke sind Bestandteile der globalen Zivilgesellschaft. Die Politik der internationalen Organisationen beeinflusst alle Menschen der Welt, die wenig Möglichkeiten haben gegen diese Politik zu protestieren. Globale zivilgesellschaftliche Organisationen sind der Auffassung, dass sie die Stimme der Menschen repräsentieren und versuchen durch ihre Politik die nationalen Regierungen, die internationalen Organisationen und die TNKs zu beeinflussen. Die globale Zivilgesellschaft ist ein politischer Kampfplatz zwischen verschiedenen Gruppen und Organisationen.

Die globale Zivilgesellschaft kann nicht im globalen Sinne jenseits von Wirtschaft und Staat definiert werden. In diesem Fall verliert der Begriff ihre Erklärungskraft, weil es zu viel Inhalt hat. 

Eine normative Definition der globalen Zivilgesellschaft beinhaltet: Gewaltfreiheit, Anerkennung der Menschenrechte, Unterstützung der Demokratisierung und gesellschaftliche Partizipation. 

2.3. KONKURRENZ FÜR DIE GLOBALE ZIVILGESELLSCHAFT 

Kaldor (2003) unterscheidet fünf verschiedene Versionen der globalen Zivilgesellschaft. Jede Version ist mit einen besonderen Verständnis der Globalisierung verbunden. Auseinandersetzungen über die Art der Globalisierung bedeuten auch Streit über die Eigenschaften der globalen Zivilgesellschaft. Ein besonderer Streit und Konkurrenzkampf findet zwischen zwei Versionen statt: der neoliberalen und der aktivistischen (oft als „andere“ oder „alternative“ Globalisierung bezeichnet).

Neoliberale Globalisierung: 

Funktionsschwächung des Staates, Privatisierung der öffentlichen Güter, Transformation des Staates zum Wettbewerbstaat. 

Der nationale Staat wird besonders von den sozialen Aufgaben entlastet, die von nationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen übernommen werden sollen. Lohnkürzungen, Lockerung der Bestimmungen zum Schutz der Arbeiterschaft wie Kündigungsschutz und Mindestlöhne, mit dem Ziel die Barrieren gegen die Mobilität von heimischem und ausländischem Kapital zu entfernen, Liberalisierung des internationalen Dienstleistungsverkehrs (GATT) und der Kapitalströme. Grenzüberschreitende Probleme werden durch zwischenstaatlichen Organisationen, internationalen Institutionen und einigen global agierenden NGOs verhandelt.

Alternative Globalisierung: 

Keine Privatisierung der öffentlichen Güter, Beibehaltung und Weiterentwicklung staatlicher Sozialleistungen und Arbeitsnormen.  Grundeinkommen für alle, Arbeitszeitverkürzung. 

Regulierung der internationalen Finanzmärkte, Tobin Steuer. Reformierung und sogar Abschaffung einiger internationaler Organisationen wie WTO, IWF, Weltbank. Weltweite Abschaffung von Kinderarbeit, völliger Schuldenerlass für unterentwickelte Länder. 

Allgemeine Gültigkeit der sozialen Menschenrechte (neben den klassischen Menschenrechten, z. B. jeder hat Recht auf ausreichende Nahrung, sauberes Wasser, Gesundheit, Bekleidung, gesichertes Einkommen, Grundbildung und soziale Sicherheit).  
Globalisierung von unten durch NGOs und soziale Bewegungen.

Die Normen der globalen Zivilgesellschaft sind unterschiedlich. Mindestnormen (wie Verzicht auf Gewalt, Menschenrechte, Unterstützung der Demokratisierung und gesellschaftliche Partizipation) werden von beiden Konfliktparteien akzeptiert. Wichtig zu bemerken aber ist, dass die Konfliktparteien die gleichen Begriffe mit unterschiedlichem Inhalt akzeptieren (z. B. Menschenrechte) und haben zusätzliche Forderungen. 

Theorie- und Organisationsbildung und Diskursbestimmung betreffend die Gestaltung der Globalisierung laufen über die Eliten der entsprechenden Strömungen.

2.4. DIE ROLLEN DER ELITENNETZWERKE 

Elitennetzwerke produzieren Wissen in den Bereichen Theoriebildung, Agendasetting, Diskursbestimmung und Normenformulierung. Sie können die Ressourcen mobilisieren und sich direkt oder indirekt am Aufbau zivilgesellschaftlicher Organisationen und Aktionen zu beteiligen. 

Konkurrenz zwischen verschiedenen Wissensarten, die als verschiedene Diskurse und Weltbilder bezeichnet werden. 

Theorien und Feststellungen haben kaum Bedeutung, wenn sie nicht durchsetzbar sind.
Elitennetzwerke haben deutlich mehr Bedeutung, wenn sie mit einer oder mehreren Organisationen Kontakte pflegen. 

Elitennetzwerke formulieren miteinander konkurrierende nationale und internationale Normen und versuchen mit Hilfe der staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen diese Normen durchzusetzen. 

2.5. GLOBAL GOVERNANCE 

Global Governance ist ein neues Konzept des internationalen Regierens und der Gestaltung der Globalisierung. 

Wegen der transnationalen und internationalen Aktivitäten ist ein komplexes Netz von Interdependenzen zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren entstanden. (Behrens, 2005) Global Governance setzt sich konstruktive Ziele des Zusammenwirkens von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren bei der Entscheidungsfindung globaler Probleme. 

Akteure der Global Governance Architektur: Staaten, internationale Institutionen (z.B. WTO, Weltbank, IWF, Vereinte Nationen (UNO) u. a.), transnationale Konzerne und zivilgesellschaftliche Organisationen.

2.6. GLOBALE ZIVILGESELLSCHAFTLICHE ORGANISATIONEN

2.6.1. NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN (NGOs) 

NGOs können national, mit internationalem Einfluss oder international agieren. Sie unterstützen die Regierungen, internationale Organisationen sowie nationale und transnationale soziale Bewegungen mit Fachwissen. 

Interessenkonflikte zwischen NGOs, konkurrierendes Wissen und konkurrierende Kompetenzen. 

Eklatante Ungleichheit zwischen Nord- und Süd-NGOs.

2.6.2. TRANSNATIONALE SOZIALE BEWEGUNGEN 

Soziale Bewegungen als gesellschaftliche und politische Basis der NGOs. 

Transnationale soziale Bewegungen organisieren sich in mindestens zwei Ländern und haben verschiedene organisatorische Eigenschaften. 

Zugehörigkeitsgefühl der Mitglieder bzw. Sympathisanten entsteht nicht durch direkte Verbindungen, sondern über das Netzwerk. 

Transnationale soziale Bewegungen können globale Problemlagen auf die Tagesordnung setzen, nach angemessenen Lösungen suchen und sich an deren Umsetzung beteiligen. 

Transnationale soziale Bewegungen haben Kontakte mit den Regierungen und inter-nationalen Organisationen und erhalten oft finanzielle Unterstützung. 

Es gibt zwischen den transnationalen sozialen Bewegungen eine Konkurrenz. Es gibt zu den gleichen Themen keine einheitliche Annäherung.  

2.6.3. TRANSNATIONALE ADVOCACY NETZWERKE (TAN) 

Sie beschäftigen sich meistens mit einem Thema, wie Verbot der Landminen, u. a.   
Akteure der staatlichen Organisationen: sogar internationale Institutionen können sich an den TANs beteiligen. 

Diese Form führt die Organisationen zu neuen Möglichkeiten (zum Beispiel finanziellen) und Beschränkungen (wenig Kritik gegenüber den entsprechenden Staaten und internationalen Institutionen).

2.6.4. SOZIALE FOREN 

Soziale Foren sind Kombinationen aus sozialen Bewegungen, NGOs und anderen zivil-gesellschaftlichen Organisationen. 

Kein Aktionsplan, sondern nur Rahmenbedingungen werden festgelegt. Soziale Foren, insbesondere das Weltsozialforum, haben einen eigenen Diskurs festgelegt. 

Der Reformdruck gegenüber dem Global Governance entsteht nicht nur durch einzelne Normen wie Biodiversität, Klimaänderung, Menschenrechte, usw., sondern durch ein Weltbild, das verschiedene Normen zusammenhält. 

3. AUSWAHL DER GLOBALEN UND LOKALEN AKTEURE

Als globales neoliberales Elitennetzwerk wähle ich die Mont Pelerin Gesellschaft. Sie hat enge Verbindungen zu und einen beträchtlichen Einfluss auf andere neoliberale Eliten wie das Chicago School, Stiftungen, Think Tanks und internationale Organisationen.

Als globales gegenneoliberalistisches Elitennetzwerk wähle ich den alternativen Nobelpreis (Right Livelihood Award). Seit 1980 wird dieser Preis Menschen verliehen, die praktikable Lösungen für die dringendsten Probleme unserer Zeit finden und umsetzen. Alternative Nobelpreisgewinner kritisieren die neoliberale Globalisierung und bemühen sich um eine andere Globalisierung.

Als neoliberale Elitenorganisation wähle ich das Weltwirtschaftsforum (WEF). WEF ist eine einflussreiche zivilgesellschaftliche Elitenorganisation, die jährlich über die aktuelle Lage der neoliberalen Globalisierung und über die weitere Vorgehensweise diskutiert. WEF hat großen Einfluss auf internationale Organisationen und enge Verbindungen zur Mont Pelerin Gesellschaft.

Als Gegner neoliberalistischer zivilgesellschaftlicher Organisationen, bei der Gegeneliten eine gewisse Rolle spielen, wähle ich das Weltsozialforum (WSF). WSF ist ein gemeinsames Diskussions- und Erfahrungsaustauschsforum neoliberalismuskritischer NGOs, sozialen Bewegungen und Intellektuellen. Sie bestimmt den allgemeinen Diskurs der weltweiten Aktivitäten gegen die neoliberale Globalisierung.

Als Region wähle ich Global City Frankfurt am Main. 

Die Stadt ist international Finanz-, Börsen- und Messeplatz mit einer langen Tradition des internationalen Handels sowie einem hohen Migrantenanteil. Die Stadt ist stark vernetzt mit verschiedenen Städten und Regionen der Welt, hat eine zentrale Position in der Rhein-Main-Region und hat ein Bewusstsein der Internationalität. 

Um meine Fragen zu beantworten, ziehe ich folgende Organisationen heran:
ATTAC Frankfurt am Main: Zentrum der Bewegung gegen neoliberale Globalisierung in der Stadt, stark Vernetzt mit verschiedenen NGOs und sozialen Bewegungen in verschiedenen Regionen der Welt.

Hessisches Sozialforum: Obwohl es ein landesweites Sozialforum ist, finden Vorbereitungstreffen und manche Tagungen in Frankfurt am Main statt. Das Hessische Sozialforum beinhaltet viele NGOs der Region unter starker Beteiligung solcher aus Frankfurt am Main. Das Forum hat eine starke Vernetzung mit ähnlichen Organisationen aus aller Welt, besonders aus Lateinamerika.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels: Jährlich organisiert er die größte Buchmesse der Welt, die einen wichtigen Beitrag zur Meinungsfreiheit und gegenseitiger Akzeptanz in aller Welt leistet. Der Friedenspreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels wird herausragenden Persönlichkeiten verliehen, die durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung der Friedensgedanken beigetragen haben. Der Friedenspreis hat einen weltweiten Prestige und fördert den Friedensgedanken.

Industrie- und Handelskammer (IHK) Frankfurt am Main: Wichtigste Organisation für kleine und mittelständische Unternehmen der Stadt. IHK hat zahlreiche Mitglieder, bietet verschiedene Weiterbildungskurse und Beratung in verschiedenen Gebieten der Wirtschaft an. Weil es in der Stadt viele kleine und mittelständische Unternehmer ausländischer Herkunft gibt, leistet die IHK einen wichtigen Beitrag im Zusammenleben der Menschen aus mehr als hundert Nationen. Die IHK befürwortet Privatisierung, Deregulierung, mehr Marktwirtschaft, Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte jenseits der Tobin-Steuer. Die IHK ist eine der wichtigsten zivilgesellschaftlichen Organisationen, die verschiedene Facetten der neoliberalen Globalisierung in Frankfurt am Main befürwortet.

Hesssicher Flüchtlingsrat: Der Rat ist landesweit Zuständig und hat den Hauptsitz in Frankfurt am Main, von hier aus werden konzertierte Aktivitäten organisiert. Wegen des zweitgrößten Flughafens Europas nimmt die Stadt einen wichtigen Platz bei der Aufnahme der weltweit zunehmenden Flüchtlingsströme aus der „Dritten Welt“. Der Hessische Flüchtlingsrat verteidigt die Rechte der Flüchtlinge und leistet einen wichtigen Beitrag im Zusammenleben und bei der Akzeptanz der „Anderen“. 

4. METHODISCHES VORGEHEN

Ich arbeite nach der Methode der hermeneutischen Analyse.

Die Analyse der relevanten Texte wird durch folgende Fragen durchgeführt: Wann ist der Text erfasst worden, wie sind die sozialen und historischen Hintergründe des Textes und der verwendeten Begriffe? 

Wie kann die historische und soziale Perspektive des Textes interpretiert werden? 

Wie hat sich ein Begriff in seiner Bedeutung mit der Zeit verändert und bleibt die Änderung in der Bedeutung kohärent? 

Wie sind die gleichen Begriffe und Normen in verschiedenen Texten mit unterschiedlichem Inhalt verwendet worden? 

Wie haben sich die Erscheinungsformen des gegenseitigen Einflusses aus der konkurrierenden Perspektive in den Texten niedergeschlagen?

5. ZEITLICHER ARBEITSPLAN

Ich bin der Ansicht, dass ich in zweieinhalb Jahren mit der Dissertation fertig werden kann.

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